Warum gerade jetzt eine afrikanische Gedichtsammlung?
Die Zeit ist nicht nur reif, sie verlangt geradezu sehnlichst nach so einer Grundlage. Alle wollen mit Afrika ins Geschäft kommen, doch das kann nicht aus der Luft heraus geschehen. Wir brauchen Grundlagen; wir benötigen Führer, die uns wieder zu Afrika hin- und einführen.
Schämen wir uns nicht der Gedichte. Sie helfen einem Geschäftsmann so gut wie einem Entwicklungsarbeiter. Gedichte sind eine besondere Form der Philosophie. Wie nirgendwo anders legen sie Bedürfnisse offen und zeigen deutlich Schwachstellen.
Gedichte sind ehrlich, denn sie stammen von den Betroffenen selbst.
Afrikas Menschen möchten aus dem kolonial hinterlassenen Schlamassel heraus. Gedichte dienen als Brücken. Brauchte es einst im chaotischen Mittelalter im Abendland einen Christoph0rus als Sinnbaild und Vorbild, so im heutigen Afrika das Gedicht und Bilder, Symbole und Zeichen. Das heutige Wesen Afrikas drückt sich sowohl zaghaft als auch frech in Gedichten aus. Sie sind die neue Schrift des Kontinents.
Diese Sammlung enthält Gedichte zwischen 1960 und heute, aus allen Regionen von Südafrika bis Ägypten. Überall keimt etwas, doch es wird sofort wieder erstickt. Dagegen braucht es einen Bannstrahl oder Fluch. Klagen allein hilft nicht; es muss Aufmunterung zum neuen Tanz mit der jetzigen Wirklichkeit sein.
Da treffen sich fast 50 Staatsführer bei Präsident Obama in Washington. Das selbst ist ein Zeichen der Zeit.
Da versuchen Chinesen gegen Rohstoffe endlich eine Infrastruktur zu schaffen.
Aber ohne Freundschaften und ein gegenseitiges Verständnis endet alles in einem neuen Kolonialismus.
Einst halfen den Juden die Psalmen zur Befreiung und Identitätsfestlegung. Im Abendland geschah in den Klöstern Gleiches: mit dem täglichen Psalmengebet. Man sang dem Volk in zeitbedingtem Rahmen eine Theologie und Philosophie vor. Noch ein anderes Mal erlebten wir die Kraft dieser Psalmen, in den Gesängen der Rasta.
Wer es ehrlich meint, braucht als Zugang zu Afrika die Gedichte zur Einführung.
Ein solcher Gedichtband müsste in allen Bibliotheken stehen; müsste in Schulen und Entwicklungseinführungskursen benutzt werden; sollte selbst die Geschäftswelt treffen, denn Geld allein ist es nicht. Ich sage frech: Geld und Gedicht. Afrika kommt zu uns auf dem Weg es Gedichts.
Al Imfeld