Gantry 5
  1. 
Es existierte eine grosse Solidarität mit den Befreiungsbewegungen unter westlichen Linken, für die eine Befreiungsbewegung in sich etwas Gutes war. Man lobte und ermunterte sie, ohne eigentlich Einblick zu haben. Die Mitglieder meinten, historisch zu denken, aber es waren meist Projektionen.


     
  2. Für die Linken der westlichen Welt waren die afrikanischen Befreiungsbewegungen eine Ersatzwelt, die vor Ort in Europa nicht zu realisieren war: Sozialismus und grösseren Freiraum, dahinter versteckt mehr Freiheit.
     
  3. Die Beteiligten einer Befreiungsbewegung hatten und mussten eo ipso gute Sozialisten und/oder Marxisten/Sozialisten sein; die Befreiungskämpfer waren für sie Heilige: das störte niemanden unter den Linken.


     
  4. Die Befreiungsbewegungen waren Meister im Sand-in-die-Augen-Streuen. Sie wussten, was sie den westlichen Solidaritätsbewegungen schuldig waren, also nahmen sie das Wort vom afrikanischen Sozialismus dauernd, jedoch ohne Inhalt, in den Mund.
     
  5. Sie zogen mit zwei Worten an: afrikanisch und sozialistisch. Afrika galt als Urwelt, unverdorben, noch nahe am Anfang, nahe beim Menschen. So galten sie als Ur-Helden bei den Linken, aber als anarchisch und unzivilisiert, somit als gefährliche Terroristen. Bei den Rechten im Westen waren alle bloss Terroristen, die den Westen zerstören würden.
     
  6. Hinterfragt haben Linke sie aus Solidarität nicht, denn man nahm an, sie wüssten schon, was Befreiung ist; wenn es jemand wissen musste, dann eben der Befreier.
     
  7. Einige wenige von ihnen lebten im Westen als Asylanten. Berühmt sind die Eritreer, die hier im Westen als Heilige galten. Man konnte sich nichts anderes dahinter vorstellen. Man war total perplex, als der Staat entstand und er in einer solch gnadenlosen Diktatur endete. Was war geschehen? Niemand weiss es bis heute.
     
  8. Führten sich diese Befreiungskämpfer nicht als Heilige auf, dann war das - logischerweise - eine Folge des Kolonialismus. Sie waren nie selbst schuld, immer war es der Kolonialismus.
     
  9. Die Linken waren blind, die Rechten bösartig: auch hier gab es kein Dazwischen. Und blind waren sie, die Linken – wie schon Stalin und später Mao gegenüber. Gelernt haben diese Linken wenig ausser, wenn solche Bewegungen - wie etwa in Kolumbien – bloss noch Raub- und Verbrecherbanden sind.
     
  10. Kamen dann diese Gehätschelten an die Macht hatten die Engagierten von Einst kein Rezept, um mit diesen Befreiern im Gespräch zu bleiben. Während und nach dem Kampf erwiesen sich die Goodies als nützliche Idioten. Später kannte man sie nicht mehr.
     
  11. Eine traurige Feststellung wurde viel zu spät gemacht: Man glaubte, sie wären Freunde. Doch sie kannten die Freundschaft nicht; alle waren einfach Instrumente.


     
  12. Die Linken mögen über die Moralische Aufrüstung in Caux/VD lachen oder sie als CIA-Institution anklagen, aber warum taten sie nicht etwas Ähnliches. Doch man lud sie zum Schmusen und Schmeicheln ein, um zu beweisen, dass sie bessere Weisse als die anderen sind.


     
  13. Präses Nikolaus Schneider, Rheinische Kirche, gibt in einem Interview (im Dossier „Weltverantwortung der Kirchen“ der Welt-Sichten 9/2008) Folgendes zu:
    „Für uns damals waren die Befreiungsbewegungen in Afrika und weltweit die Heroen, die Lichtgestalten. Deren dunkle Seiten – dass auch Befreiungsbewegungen Menschenrechtsverletzungen begangen und korrupt gehandelt haben – haben wir uns erst später klargemacht. Erst im Nachhinein wurde uns bewusst, wie schwierig es ist, nach der Befreiung gerechte Strukturen in diesen Ländern aufzubauen, und wie kompliziert, von aussen dabei zu helfen…“ 
„Ich habe Fremdtäuschung und Selbsttäuschungen überwunden, ohne im Engagement nachzulassen.“  
„Unser Engagement ist realistischer geworden.“