Gantry 5

Staudämme sind Staudämme wo immer sie errichtet werden und das heisst, dass ihre Errichtung Schäden auf verschiedenen Ebenen hinterlässt, etwa folgende zehn mögliche, kurz gefasst:



  1. Menschen müssen umgesiedelt werden; da aber Land weltweit knapp ist, gibt es stets Probleme mit einer fairen Zuteilung; zudem geht diese Umsiedlung meist über Jahre hin. Dabei hofft der Erbauer – natürlich stets unausgesprochen – , dass Betroffene aufgeben und in der Stadt untertauchen. Bei allen Umsiedlungen, die bis zum Jahr 2000 durchgeführt werden mussten, blieben die Quoten unter 50%.
     
  2. Es werden meist Täler gestaut, die, gerade weil es Täler sind, eine lange Geschichte hinter sich haben. Viele von ihnen waren so etwas wie eine verborgene Bibliothek. Meist werden kurz vor dem Überfluten hastig Archäologen aus aller Welt zugelassen. Die Zeit ist jedoch zu kurz, denn so rasch werden Zehntausende von Geschichtsjahren nicht ausgegraben.
     
  3. Von Kultur und ihrer Vernichtung wurde im 20. Jahrhundert wenig gesprochen und noch weniger über sie nachgedacht. Für Afrika ist davon vor allem Kariba betroffen.
     
  4. Neben dem Landproblem gibt es die Sorge um das Wasser, denn denen, die weiter unten im Tal leben, wird Wasser abgegraben, resp. oben gestaut. Zwar gehen meist Verhandlungen voraus; doch können die Bauern viel zu wenig die Konsequenzen voraussehen und werden somit gnadenlos betrogen und übers Ohr gehauen.
  5. Die Staudamm-Ingenieure kamen aus der alten Welt und schon daher gingen sie von vielen falschen Voraussetzungen aus. Am meisten verrechneten sie sich in den Mengen des Niederschlags, sie konnten ja nicht von Eis und Schnee ausgehen. Vor allem in Afrika blieb der Regen aus. Die errichteten Staudämme kamen in die Periode der grossen Trockenheit der 1970er Jahre.
  6. Aber auch die Betreiber fielen meistens herein, denn sie konnten die Sedimentablagerungen (silt) und die durch den Wind bedingten Sand- und Schlammablagerungen kaum voraussehen, haben nicht an die Vermehrung der Bilharziose gedacht. Das schlimmste Beispiel ist der Assuan Staudamm, der schon bald nutzlos sein könnte.
  7. Als die grossen Staudämme in den 1950er und 1960er Jahre geplant wurden, hatte noch niemand die Klimafrage im Kopf. Damals dachte noch kaum jemand an die Biosphäre, an den Lebensraum von Tieren und Pflanzen. So sind die meisten Staudämme letztlich Denkmäler des Industriezeitalters vor dem 2. Weltkrieg.
  8. Wird der Damm hauptsächlich zur Bewässerung (wie etwa beim Manantali, Mali oder beim Sélingé, Senegal) benutzt, gingen bei der Planung zwei wichtige Dinge vergessen: 1. die Bauern waren nicht an diese Form einer Bewässerungswirtschaft gewohnt, und 2. die rasche Versalzung der Böden, wenn nicht spezielle Pflege.
  9. Dämme sind Grossprojekte, verursachen Schulden, die sich laufend vermehren, weil der Unterhalt meist nur vage einberechnet wurde. Alle Dämme auf dem afrikanischen Kontinent sind laut Weltbank 2005 nicht profitabel und ihre Kapazität liegt im Vergleich zur Angabe beim Bau unter 50%.
  10. An Nachfolge-Projekte wurde viel zu wenig gedacht. Man war mit dem Staudamm beschäftigt, nicht aber mit der dazu gehörenden Elektrifizierung, und an die damit verbundenen Stromleitungen und Anschlüsse bei Häusern und Dörfern wurde zu wenig gedacht, denn das sollten 1. andere Projekte sein und 2. fielen diese in andere Entwicklungssektoren.



 

Die wichtigsten Staudämme Afrikas

  • Assuan, Oberägypten
  • Volta, Ghana
  • Kariba, Zambia
  • Cabora Basa, Moçambique
  • Mtera Damm, Tanzania
  • Sélingé, Senegal
  • Kitenga, Burundi
  • Manantali, Mali
  • Kafue Gorge Dam, Zambia

 





Etwas vom geheimnisvollen Charakter der 5 grössten Stauwerke Afrikas



  1. Assuan – Damm wurde wirklich als ein Schauobjekt von Sowjets zwischen 1968 und 1971 gebaut; er basierte auf dem alten, 1902 von den Engländern erbaut: kam nun in der Zusammenarbeit zwischen der Sowjetunion und Ägypten zustande und sollte mit Gamal Nasser an der Spitze ein Zeichen der Blockfreien sein. Von Beginn weg voller Widersprüche. Er wurde 1968 erst fertig und erwies sich erst noch als ein Produkt lauter Fehlplanungen. Was sollte der Damm bewirken? Gewinnung von jährlich 7,5 Mrd qm Bewässerungswasser; Ausdehnung der Kulturfläche um 546'000 Hektar; Ausdehnung des Reisanbaus; Erzeugung von 10 Mrd Kilowattstunden Elektrizität. Verwirklicht wurden bis heute die Pläne nicht. Inzwischen traten vermehrt die ökologischen Schäden an den Tag.
     
  2. Kariba – Damm wurde 1959 am Ende der britischen Kolonialzeit fertig. Er sollte ein Zeichen der Schönheit (a celebration of beauty) sein. Da die Briten wie alle kolonialen Mächte nie an eine afrikanische Geschichte glaubten, sahen sie keinen Grund zur Nachsicht. An Archäologie glaubten die Briten, jedoch nicht an einem Ort wie Zambesi-Fluss und Kariba. Erst im letzten Moment begann ein Team alibimässig zu graben und stiess bald auf kostbare Schätze, Überreste einer Geschichte wie am Niger in Mali. Doch Technik ging vor. Beauty zerstörte kostbarste History. 520'000 qkm Fläche; fünftgrösste Damm der Welt.

     
  3. Volta-Staudamm kann als das Gegenstück zu Assuan bezeichnet werden. Kwame Nkrumah, der 1. Präsident nach der Unabhängigkeit, wollte ein Zeichen der Unabhängigkeit und vom Beginn der eigenen Entwicklung setzen. Bei der Unabhängigkeit 1957 wurde das Projekt bereits angekündigt; es wurden 1965 fertig, und die ersten Turbinen angeschaltet. Ein Lied der Moderne, hiess es damals. Mit über 520 qkm Wasserfläche ist einer der grössten Stauseen der Welt. Dieser Damm käme bei einer Evaluation gut weg; auch die Leute (78'000 wurden umgesiedelt) sind heute stolz auf ihn und glauben, dass er ihnen diene. Wegen Klimawandel wohl wird festgestellt, dass seit 1975 am Westufer 15% weniger Niederschlag fiel.
     
  4. Cabora-Basa-Staudamm, 171 hoch, Fuss 303 m breit, war in seiner Bauzeit der kontroverseste, denn er wurde am Zambesi in Mocambique von den Südafrikanern während der Apartheid gebaut. Er war also eine Provokation auf allen Ebenen, zumal er nur Südafrika bedienen sollte. Er ist jedoch auch ein Denkmal für die Gespaltenheit Afrikas: trübe Wasser. So erstaunt es nicht, dass sowohl afrikanische Zauberer (Nganga) als auch westliche Esoteriker (etwa die Orgon-Sekte, die die Welt vom ätherischen Schmutz befreien möchte) hierher pilgern. Die 165m hohe Staumauer mit der Schlucht soll einer der grossen Negativ-Orte der Welt sein. All das erzählt man sich im heutigen Südafrika.

     
  5. Mtera Damm wurde durch die Schweden (SIDA) errichtet; betraf den Great Ruaha River mit 2 seiner Zuflüsse; in semi-arider Gegend mit relativ dünner Bevölkerung; Regierung gab an, dass es 300 Familien betreffe; später stellte sich die doppelte Zahl heraus; Vergütung pro Familie $150; Umsiedlung ging total überraschend und ungeplant vor sich; aus Pastoralisten sollten Fischer werden.  1. Phase ging 1975 zu Ende; der See wurde 1984 voll; betraf 250 qkm offenes Grasland und über 400 qkm Buschland; etwa 5 Mio Bäume wurden geopfert; weder Schweden noch Weltbank dachten an die logischen Nachfolgeprojekte (weder für Zufahrtsstrassen noch für Elektrifizierung gab es Geld; Malaria, Bilharzia und Dysenterie kamen neu in die Gegend und nahmen rasch zu. 2008 ist der Damm total unterausgelastet.  Die Erbauer des Damms fassten die kulturellen Veränderungen niemals ins Auge.

 


Noch kurz etwas zu den anderen erwähnten Dämmen:

  1. 
Manantali: Zufluss zum Senegal Fluss, auch für Schifffahrt bis St. Louis gedacht, schon in der Kolonialzeit begonnen, 1975 fertig, 12'000 umgesiedelt, OMVS operiert Ausdehnung des Reisanbaus. Bauern nicht Landbesitzer. Seit Beginn ist der Wurm in diesem Projekt.
     
  2. Sélingé: wurde zur Bewässerung von 56'000 ha gebaut; heute funktionieren etwa 200 ha. Afrikanische Bauern wehren sich gegen ein Konzept der Ausbeutung und Korruption.

     
  3. Kitenga: seit 1979  bereit: geriet jedoch in den Dauerkonflikt der Tutsi und Hutu, denn mit einem Damm mindert niemand einen kulturellen und sozialen Konflikt (daran dachten die Belgier), im Gegenteil, man schuf zwei Seiten mehr.
     
  4. Kafue, Zambia, umfasst 154'000 qkm, sollte Hauptstadt Lusaka mit Wasser versorgen.



 

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Al Imfeld, 05. 2009